Immer noch gehört viel Überzeugung dazu, dem Trend zur „modernen Landwirtschaft“ auch im Weinbau nicht zu folgen und den Wert einer biologischen Landwirtschaft, deren Philosophie und Verantwortung gegenüber einer wohlbehaltenen Natur nicht zu erkennen.

Den Weinhorizont erweitern

Die Bezeichnung „Bio-Wein“ allein sagt leider nichts über die organoleptische Qualität, d. h. Geschmack, Geruch, Farbe etc., und den Genusswert eines Bio-Weines aus. Deshalb ist es wichtig, dass Winzer großen Wert auf „pure Bio-Weine“ legen, die sowohl aus international bekannten Rebsorten wie Chardonnay, Sauvignon Blanc, Riesling, Cabernet Sauvignon, Merlot oder Syrah, aber auch aus mehreren Hundert regionalen Rebsorten erzeugt werden. Bei Weinen aus Übersee sind außerdem die langen Transportwege zu beachten – diese Weine sind angesichts des reichhaltigen Angebots aus Europa entbehrlich und unvereinbar mit einem umweltbewussten Konsum.

© Steve-Buissinne/pixabay
Gemeinschaftliches Umdenken

Der „moderne konventionelle“ Weinbau mithilfe künstlicher Mineraldünger und chemisch-synthetischer Spritzmittel begann in den 1950er-Jahren, die Nebenwirkungen davon traten aber erst mit einiger Verzögerung zutage: Winzer und Arbeiter im Weinbau erkrankten nach dem Einsatz von Spritzmitteln,, das Trinkwasser in Weinbaugemeinden wies giftige Rückstände von Pflanzenschutzmitteln auf, die Weinbergböden verdichteten sich, Erosionen waren die Folge, Mikroorganismen im Boden sowie alle nützlichen und schädlichen Insekten wurden gleichzeitig vernichtet. Das natürliche Gleichgewicht im Weinberg ging mit dem konventionellen Weinbau verloren.
Um 1960 formierte sich eine Gegenbewegung, deren Credo lautete: Ein Weinbau, der uns selbst, den Reben, dem Boden, der Umwelt schadet und den Wein nicht verbessert, kann für den Weintrinker nicht gut sein. Engagierte Bio-Weinbauern, Landwirte, Weinbauingenieure und Wissenschaftler gründeten Bio-Weinbauverbände, die wiederum Richtlinien für den Bio-Weinbau erstellten, ihre Mitglieder schulten, die Einhaltung der Richtlinien – später die Grundlage für die heute EU-weit geltende Öko-Verordnung – kontrollierten und seither auch den biologischen Weinbau sowie dessen Vermarktung regeln.

„Bio-Wein“ bzw. „Öko-Wein“

Der biologische Weinbau (auch organisch-biologischer Weinbau bzw. ökologischer Weinbau) und biologisch-dynamischer Weinbau sind Produktionsformen zur Herstellung von Trauben und Wein auf der Grundlage möglichst naturschonender Pflegemaßnahmen (Bodenpflege, Düngung, Pflanzenschutz) unter Berücksichtigung von Erkenntnissen der Ökologie und des Umweltschutzes. Das Produkt dieser Anbaumethoden wird als „Wein aus Trauben aus biologischem bzw. ökologischem Anbau“ bezeichnet. Die Anbauregelungen bezogen sich früher weitgehend nur auf die Traubenproduktion, heute aber auf die gesamte Weinherstellung. Seit der Ernte 2012 ist die Bezeichnung „Bio-Wein“ bzw. „Öko-Wein“, verpflichtend mit dem EU-Bio-Logo und der Codenummer der Zertifizierungsstelle, zugelassen.

Organisch-biologischer Weinbau

Organisch-biologischer Weinbau wird auch als „biologischer Weinbau“ oder „Bio-Weinbau“ bezeichnet. Für den organisch-biologischen Weinbau gelten Regelungen und Maßnahmen, die auf fachlich-wissenschaftlicher Grundlage aufbauen. Allerdings wird dabei auf bestimmte Anwendungen bei der Düngung, dem Pflanzenschutz und auf bestimmte kellerwirtschaftliche Maßnahmen verzichtet. Die entscheidenden Unterschiede zur integrierten Produktion im Weinbau sind, dass synthetisch hergestellter Stickstoffdünger, leicht lösliche Phosphordünger und chemisch-synthetisch hergestellte Pflanzenschutzmittel (Pestizide) nicht verwendet und keine Herbizide zur Bodenpflege eingesetzt werden.

Bei Vorliegen einer Bodenuntersuchung können zugelassene Mineraldünger ausgebracht werden. Beim Pflanzenschutz werden Pflanzenpflegemittel (Pflanzenstärkungsmittel) und für die biologische Produktion zugelassene Pflanzenschutzmittel (Pestizide) verwendet. Hier haben die kupfer- und schwefelhaltigen Pflanzenschutzmittel die größte Bedeutung. Alle synthetisch hergestellten Pflanzenschutzmittel sind bei den Bio-Produktionsformen verboten.

© Jill-Wellington/pixabay
Biologisch-dynamischer Weinbau

Eine weitere Variante der Bio-Weinerzeugung ist der bio-dynamische Weinbau. Die für den Bio-Weinbau geltenden Einschränkungen hinsichtlich der Verwendung von Chemikalien gelten ebenso für den biologisch-dynamischen Weinbau. Aus anthroposophischer Sicht ist Landwirtschaft und somit auch ein Weingut als eine individuelle Einheit mit einem ganz eigenen Biotop, bestehend aus einer möglichst großen Artenvielfalt an Tieren, Vögeln, Insekten und Pflanzen, zu verstehen. Dafür werden möglichst viele unterschiedliche Pflanzen angebaut und Hecken und Bäume an Wegrändern gepflanzt. Die nachhaltige Bearbeitung und die Fruchtbarkeit der Böden werden durch die Haltung unterschiedlicher Nutztiere, vor allem Wiederkäuer wie Rinder, Schafe und Pferde, im Verhältnis zur bearbeiteten Fläche gefördert. Der von den Nutztieren stammende Mist wird zusammen mit anderen anfallenden organischen Stoffen kompostiert und als Dünger verwendet.

Während die Umstellungsphase vom konventionellen Weinbau (mit Chemie) auf Bio-Weinbau 2,5 bis 3 Jahre dauert, sind für den biologisch-dynamischen Weinbau 6 bis 7 Jahre anberaumt. Erst dann sind die zuvor verwendeten Chemikalien im Boden abgebaut und die gewünschte Bodenvitalität mit ausreichend Mikroorganismen erreicht. Der Grund für diese lange Umstellungsphase liegt in der These des Anthroposophen Rudolf Steiner, dem Begründer der biologisch-dynamischen Landwirtschaft, wonach Pilzerkrankungen der Pflanze – die im Weinbau die größten Schäden verursachen – das Ergebnis eines gestörten Gleichgewichts des Bodens bzw. der Umgebung sind. Um dieses Gleichgewicht und eine gesunde Bodenfruchtbarkeit wieder zu erlangen, können 8 biodynamische Präparate eingesetzt werden, die von den Landwirten meist selbst hergestellt werden: Hornmist, Hornkiesel, Schafgarbe, Kamille, Brennnessel, Eichenrinde, Löwenzahn und Baldrian.

Hinsichtlich aktueller Debatten rund um Klimawandel und Umweltschutz darf man zuversichtlich sein, dass der Weg vieler Winzer bereits vom konventionellen Weinbau zum biologischen und dann zum biologisch-dynamischen Weinbau führt. Auch wir als Konsumenten leisten einen großen Beitrag dazu.

Header Bild © Dirk-Wohlrabe

Autor: Bettina Landl